AUSSCHREIBUNGS-

RECHERCHE

Um einen produktgruppenbezogenen Überblick zur Nachfrage öffentlicher Stellen nach Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen zu erhalten, wurden nationale und europaweite Ausschreibungstexte öffentlicher, nachhaltigkeitsorientierter Ausschreibungen mit Nachhaltigkeitssiegeln analysiert.  Das Ziel der Ausschreibungsanalyse war es, für jede Produktgruppe die genutzten Umweltsiegel abzubilden. So soll ausschreibenden öffentlichen Institutionen eine Orientierungshilfe zur Erstellung eigener Ausschreibungen geboten werden. 

Von Januar 2020 bis August 2021 wurden auf verschiedensten Ausschreibungsplattformen nationale und EU-weite Ausschreibungen recherchiert. Diese wurden auch auf ihre Forderung nach einem Umweltmanagementsystem (ISO 14001, EMAS) untersucht. 

Insgesamt wurden im analysierten Zeitraum 461 Ausschreibungen zu Produkten und Dienstleistungen identifiziert, die Umweltsiegel zum Beispiel als Eignungs- oder Zuschlagskriterium forderten.  

Ausschreibungen nach Produktgruppen

ProduktgruppeAnzahl Ausschreibungen%
Büroartikel18340 %
Textilien9020 %
Büro/Raumausstattung8017 %
Baustoffe409 %
Reinigungsmittel39 8 %
Verpackungsmaterialien13 3 %
Energie7 2 %
Dünge- und Pflanzenschutzmittel3 1 %
Schmierstoffe31 %
Sonstiges31 %

Genauere Informationen zu den einzelnen Produktgruppen finden Sie in der detaillierten Ausschreibungsanalyse oder auf den einzelnen Informationsseiten.

Umweltsiegel als Eignungs- oder Zuschlagskriterien?

Die Beschaffung von Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen kann durch die Spezifizierung entsprechender Kriterien oder Umweltsiegel innerhalb der Leistungsbeschreibung (Eignungs­kri­te­rien), aber

auch durch die Bewertung von produktseitigen Nachhaltigkeitskriterien bei der Wertung im Zuge des Vergabezuschlags (Zuschlags- oder Wertungskriterien) erfolgen.

Eignungskriterien

Die Verwendung von Gütezeichen in der Leistungsbeschreibung ist rechtlich durch die Vergabeverordnung (VgV) geregelt. Die Anforderungen der Gütezeichen bzw. der Umweltsiegel an Produkte oder Dienstleistungen müssen auf objektiv nachprüfbaren und nichtdiskriminierenden Kriterien beruhen und werden im Rahmen eines offenen und transparenten Verfahrens entwickelt, an dem alle Interessenten teilnehmen können (VgV § 34). Öffentliche Auftraggeber können Belege dafür verlangen, dass eine Liefer- oder Dienstleistung bestimmten, in der Leistungsbeschreibung geforderten, Merkmalen entspricht. Das Nicht-Einhalten der geforderten Merkmale innerhalb der Eignungskriterien führt zum Ausschluss aus dem Vergabeverfahren.


  • Definition von Mindestkriterien und Ausschluss von nicht-Nachhaltigen Herstellern

Zuschlagskriterien

Für den öffentlichen Auftraggeber besteht die Pflicht zur exakten Angabe der geforderten Zuschlagskriterien und deren Gewichtung. Wenn Zuschlagskriterien mit Umweltbezug (bspw. in Form von Umweltsiegeln oder Forderungen nach einem Umweltmanagementsystem beim Hersteller) definiert werden, sind Auftragnehmer, die diesen Anforderungen nicht entsprechen bei der Berechnung des wirtschaftlichsten Angebots zwar im Nachteil, jedoch nicht wie bei den Eignungskriterien automatisch vom Vergabeverfahren ausgeschlossen.



  • Kein Ausschluss von Mitbewerbern, die ein zwingend gefordertes Siegel nicht vorweisen können, jedoch unter Umständen durch andere Zertifizierungen ein gleichwertiges Nachhaltigkeitsniveau der angebotenen Produkte gewährleisten können
  • Kein Risiko, dass bei Ausschreibungen mit nur wenig potenziellen Anbietern keine geeigneten Bieter zur Verfügung stehen, die spezielle Eignungskriterien erfüllen

Dies ist lediglich eine grobe Übersicht zu den Vor- und Nachteilen beider Varianten. Allgemein ist diese Entscheidung jedoch stark abhängig von den Zielen und Anforderungen jeder Ausschreibung sowie der Verfügbarkeit

entsprechender Anbieter und sollte daher von der ausschreibenden Institution nach genauer Prüfung und Abwägung individuell getroffen werden.

Prozentuale Verteilung der Zuschlagskriterien über alle recherchierten Ausschreibungen

Die Analyse der Ausschreibungen zeigt, dass in 16 % mindestens eines der Zuschlagskriterien einen Umweltbezug aufwies. Bei den übrigen Ausschreibungen war entweder der Preis das alleinige Zuschlagskriterium, oder die

zusätzlichen Zuschlagskriterien wiesen keinen konkreten Umweltbezug auf. In diesen Fällen war die Forderung nach Umweltsiegeln häufig als Eignungskriterium in die Ausschreibung einbezogen.  

Arten der Zuschlagskriterien innerhalb der Ausschreibungen

Ergebnisse

Die Auswertung der Ausschreibungen zeigt deutlich, dass sowohl Umweltsiegel als auch die Forderung nach Umweltmanagementsystemen der Hersteller bei öffentlichen Ausschreibungen genutzt werden. Allerdings gibt es hierbei große Unterschiede zwischen den verschiedenen Produktgruppen. Bei Büroartikeln, Textilien sowie Büro- und Raumausstattung konnten viele Ausschreibungen mit einem Bezug zu nachwachsenden Rohstoffen gefunden werden. Der Anteil dieser in den Bereichen Verpackungsmaterialien, Energie, Schmierstoffe sowie Dünge- und Pflanzenschutzmittel ist hingegen gering.

Während jedoch in den Produktgruppen Verpackungsmaterialien und Energie Umweltsiegel, die nachhaltig angebaute, nachwachsende Rohstoffe fördern, existieren (z.B. Blauer Engel), besteht in den anderen beiden Produktgruppen Potential für die Erarbeitung eines Umweltsiegels, das in den Ausschreibungen gefordert werden könnte, um so nachwachsende Rohstoffe standardisiert zu fördern. Insgesamt zeigte sich, dass über alle Produktgruppen hinweg, am häufigsten die Umweltsiegel FSC, PEFC und Blauer Engel gefordert wurden.

Download der gesamten Ausschreibungsanalyse